„Die IT braucht ein neues Image.“

Claudia Frank (Bildquelle: BWI)

Claudia Frank (Bildquelle: BWI)

Frauen in IT-Führungspositionen sind noch immer selten in Deutschland. Als Kaufmännische Leiterin eines Segments bei der BWI und dreifache Mutter kennt Claudia Frank (53) die Hürden, die eine verantwortliche Stellung mit sich bringen. Im Interview verrät sie ihr persönliches Erfolgsgeheimnis – und warum Frauen ihre Scheu vor IT-Berufen ablegen sollten.

Frau Frank, Sie sind seit neun Jahren bei der BWI und haben das Projekt HERKULES von Beginn an begleitet. Wie sehen Ihre Aufgaben dort aus?
Ich arbeite als Kaufmännische Leiterin im Segment Integrative Betriebswirtschaftliche Aufgaben. Konkret bedeutet das, dass mein Team und ich für alle Aufgaben zuständig sind, bei denen es eine Schnittstelle zwischen kaufmännischen und technischen Themen gibt. Dazu gehört beispielsweise das Bestandsmanagement: Wir müssen jederzeit wissen, wo sich welches IT-Gerät befindet. Hier leisten wir wichtige Arbeit für unseren Service. Wenn ein PC defekt ist, schauen die Kollegen im System nach, an welchen Standort, in welches Gebäude, auf welchen Flur und in welchen Raum sie müssen, um das Gerät zu reparieren. Wären unsere Daten falsch, entstünden erhebliche Mehraufwände – und die wollen wir natürlich vermeiden. Außerdem fallen das Lizenzmanagement, die interne Softwareentwicklung und die zentralen Rückstellungen unserer Delivery-Einheit in mein Aufgabengebiet.

Wie sind Sie auf diese Position gekommen?
Ich habe viele Jahre bei Siemens gearbeitet, in der Revision, im Einkauf, in der Softwareentwicklung und zehn Jahre in unterschiedlichen Funktionen der Personalorganisation. Bevor ich zur BWI gegangen bin, habe ich dort große, internationale Outsourcing-Projekte betreut. In den Kaffeepausen habe ich mich immer wieder mit den Kollegen aus dem HERKULES-Projekt ausgetauscht – etwa über die Kalkulationen unserer Großprojekte. Dann kam der Auftrag unseres Vorstands für eine Revision der HERKULES-Projektkalkulation und mein Interesse war geweckt. Als man mich kurz darauf fragte, ob ich mitmachen wolle, habe ich nicht gezögert und gleich zugesagt.

Was hat Sie an dem Projekt so gereizt?
HERKULES ist ein Jahrhundertprojekt – da konnte ich nicht widerstehen. Ich wollte wissen, wie so etwas umgesetzt wird. Die Bundeswehr hat damals mit einer sehr heterogenen IT-Landschaft in 1.700 Liegenschaften gearbeitet. Es war eine riesengroße Herausforderung, diese zu vereinheitlichen und zuvor für den Asset- und Vertragstranfer eine Schnittstelle zwischen zwei Rechtsformen – der des öffentlichen und des privatwirtschaftlichen Rechts – zu schaffen.

Sie arbeiten als Führungskraft in einer immer noch von Männern dominierten Branche. Welche Herausforderungen müssen Sie dabei meistern?
Die Herausforderungen unterscheiden sich nicht von denen in anderen Branchen. Ich muss mein Team – momentan 13 hochklassige Spezialisten – für neue Aufgaben begeistern, sie mitnehmen. In jeden einzelnen gewissermaßen hineinschauen: Wer hat welche Stärken? Wer fühlt sich unterfordert und kann vielleicht eine andere Aufgabe übernehmen? Mein Führungsstil ist sehr kooperativ. Wir nehmen uns als Team sehr viel vor, deshalb muss ich schauen, dass alle mitziehen. Wenn ich merke, dass ein Kollege Probleme hat – sei es beruflich oder privat – suche ich nach Lösungen.

Sie selbst haben drei Kinder, waren alleinerziehend. Welche Hindernisse mussten Sie überwinden?
Ich hatte immer sehr verständnisvolle Führungskräfte und Kollegen. So konnte ich Arbeit und Familie unter einen Hut bekommen. Aber selbst wenn im Beruf alles gut läuft, muss man im Privaten noch sehr viel organisieren und planen. Für mich war jedes Schuljahr ein neues Projekt: 12 Monate lang, davon dreieinhalb Monate Ferien – und ich hatte nur 30 Tage Urlaub. Wie bekomme ich das zusammen? Ohne Unterstützung funktioniert das nicht. So hatte ich immer ein Au-pair oder eine Erzieherin und zusätzlich eine Haushaltshilfe zu Hause.

Mit der Frauenquote will der Gesetzgeber weibliche Führungskräfte fördern, auch in der IT. Halten Sie die Quote für den richtigen Weg?
Ich glaube nicht, dass wir allein darüber mehr Frauen in die IT bekommen. Dafür müssen wir beim Image der Branche ansetzen. Junge Frauen suchen häufig nach Berufen, in denen sie ihre Stärken einbringen können, häufig spielen Kreativität, Kommunikation und soziale Kompetenzen eine große Rolle. Beides verbindet man per se nicht mit IT. Ich selbst wäre auch nie auf die Idee gekommen, Informatik zu studieren! Statt mit Kreativität wird IT eher mit binärer, unkreativer Logik assoziiert. Junge Frauen haben häufig Angst, dass ihnen diese Fähigkeiten fehlen. Doch mit dieser Logik ist jeder Abiturient in den Naturwissenschaften schon in Berührung gekommen. Nur ist sie anders ausgeprägt und erlernbar. Informatik ist wahnsinnig kreativ und überaus kommunikativ – es kommt nur auf die Aufgabenstellung an. Zum Vergleich: Im BWL Studium erlernen Sie die Grundlagen, die Umsetzung in der Praxis ist eine eigene Lernphase. Genauso verhält es sich mit den IT-Berufen. Ich habe mir das nötige Wissen zur Softwareentwicklung neben meinem eigentlichen Job angeeignet. Wir müssen also zunächst das Klischee und die daraus resultierende Schwellenangst bekämpfen.

Um noch einmal zur Frauenquote zurückzukommen …
Ich halte nichts von Quoten. Denn sie verfolgen eine künstliche Gleichstellung. Wenn eine Führungsposition nur deshalb mit einer Frau besetzt wird, weil sie eine Frau ist, finde ich das den Männern gegenüber unfair. Es sollte auch hier um Fähigkeiten, Kompetenzen und Motivation gehen. Aus meiner Arbeit in der Personalentwicklung weiß ich: Es kostet weniger Energie und ist erfolgreicher, die Stärken eines Mitarbeiters gezielt zu fördern, als zu versuchen, eine seiner Schwächen auszugleichen.

 

Über das Thema „Mutter, Partnerin und Chefin – Karrierewege bei einem von Deutschlands größten IT-Dienstleistern“ hält Claudia Frank einen Vortrag auf der job and career auf der CeBIT 2016. Dort erfahren Sie mehr darüber, wie Frauen in der IT generell und bei der BWI im Besonderen Karriere machen können. Seien Sie dabei: am Donnerstag, 17. März um 14.55 Uhr in Halle 11, Stand A19.

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