Oettinger: Welche Weichen muss die Politik für die Digitalisierung stellen?

EU-Kommissar Günther Oettinger und Andreas Stopp, Leiter der Medienredaktion beim Deutschlandfunk (von links)

Bildquelle: BWI

Wer sich der Digitalisierung verweigere, werde innerhalb der nächsten zehn Jahre untergehen, prophezeit Günther Oettinger beim 6. Cologne IT Summit am 28. Januar. In seiner Rede zum Thema „Europa 4.0 – hilft die Politik beim digitalen Wandel!?“ macht er deutlich, dass eine europaweite Digitalisierungsstrategie unerlässlich ist. Lesen Sie den ersten Teil unserer dreiteiligen Serie zum IT-Kongress in Köln.

Nur mit einer gemeinsamen Digitalisierungsstrategie werde die Staatengemeinschaft den Anschluss an die USA und Asien nicht verlieren. Während hierzulande Fragen rund um den Datenschutz im Mittelpunkt stehen, trieben Unternehmen jenseits des Atlantiks und Pazifiks die eigentliche Nutzung der Daten voran – und damit neue Geschäftsmodelle. Auf eben diese könnten jedoch auch Unternehmen in Deutschland und Europa künftig nicht verzichten. Diesem Wunsch des Politikers stehen jedoch die zahlreichen staatlichen Regulierungen gegenüber, die den Weg in die Digitalisierung für deutschen Firmen mehr als steinig gestalten. Big Data und Datenschutz scheinen hier bislang unvereinbar.

Apple-Autos für die Generation iPhone

Der EU-Kommissar für digitale Wirtschaft und Gesellschaft rät vor allem Konzernen, einen Chief Digital Officer einzustellen. Dieser soll neue Prozesse entwickeln, planen und neue Geschäftsmodelle erarbeiten. „Wer als Unternehmer heute nicht mit der Digitalisierung aufsteht, macht etwas falsch“, mahnt Oettinger. Schon beim Duschen müssten Unternehmer über die digitalen Veränderungen nachdenken. Tun sie dies nicht, werden sie von amerikanischen Unternehmen wie Apple überrollt. Der EU-Kommissar veranschaulicht das Ganze am Beispiel seinen 17-jährigen Sohnes: Er verbringe gut sechs Stunden am Tag mit seinem iPhone, habe immer nur MacBooks und iPads benutzt. Für ihn habe die Marke Apple eine besondere Bedeutung. Ob er aber in einem KIA oder einem Mercedes mitfahre, spiele eine untergeordnete Rolle. Wenn Apple nun Autos produziere, in die das iPhone mit seinen Funktionalitäten perfekt passe und die optisch ansprechend sind, werde diese Generation später Apple-Autos fahren.

Milliarden für schnelle Datenautobahnen

Für erfolgreiche digitale Geschäftsmodelle braucht es eine flächendeckende, digitale Infrastruktur. In seiner Rede plädiert Oettinger deshalb für schnelle Datenautobahnen mit Übertragungsraten im Gigabit-Bereich. Und zwar nicht nur in Städten und Ballungszentren, sondern auch in ländlichen Regionen. Landwirte bräuchten künftig ebenfalls schnelles Internet, schließlich breite sich die Digitalisierung bis in die Agrarindustrie aus. Bedenkt man, dass Deutschland im Vergleich mit anderen Industrienationen digital hinterherhinkt, sollte sich schnell etwas ändern. Aber wie? Ende 2015 verfügten lediglich knapp 1,3 Prozent der deutschen Haushalte über einen Glasfaseranschluss, mit dem Geschwindigkeiten von mehr als 50 Megabit pro Sekunde möglich sind. Vom Gigabit-Bereich sind wir noch weit entfernt. Reichen dann die Milliarden, die der EU-Kommissar in die digitale Infrastruktur investieren will, und eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit? Oder braucht es mehr als eine Europäisierung der digitalen Politik, so wie Oettinger sie vorschlägt?

Digitale Grundkompetenz sichert Arbeitsplätze

Die Forderungen des EU-Kommissars gehen noch weiter. Er verlangt, die Anzahl der Studienplätze in Sozial- und Geisteswissenschaften sowie Jura zu reduzieren und in technischen Studiengängen zu erhöhen. Künftig brauche jeder eine digitale Grundkompetenz. Egal ob als Amtsleiter im öffentlichen Dienst oder als Verkaufsleiter eines Unternehmens. Vielleicht wird aber gerade die Digitalisierung immer mehr rechtliche Fragen aufwerfen, die eben Juristen beantworten müssen.

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